COVID-19: Richtiger Umgang mit Ausgangssperren

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Latham & Watkins LLPErste Landkreise in Bayern erlassen Ausgangssperren – Ausweitung bereits angedroht

Das Landratsamt Tirschenreuth hat am 18. März 2020 auf der Grundlage des Infektionsschutzgesetzes (lfSG) eine Ausgangssperre für die Stadt Mitterteich erlassen. Eine ähnliche Maßnahme wurde heute für zumindest zwei weitere Gemeinden erlassen. Unterdessen hat auch die Bayerische Staatsregierung öffentlich in Erwägung gezogen, bei Bedarf eine Ausgangssperre für den gesamten Freistaat zu erlassen. Es ist nicht ausgeschlossen, dass zeitnah andere Bundesländer nachziehen werden.

Für das Gebiet der Stadt Mitterteich gilt seit Erlass der entsprechenden Allgemeinverfügung bis einschließlich 2. April 2020 eine Ausgangssperre. Die bedeutet, dass das Verlassen der häuslichen Unterkunft ohne triftigen Grund grundsätzlich untersagt ist. Bestimmte Besorgungen (etwa zur Deckung des Bedarfs täglichen Lebens) oder aber die Wege von und zur Arbeitsstätte bleiben weiterhin erlaubt. Künftige Ausgangssperren werden in die gleiche Richtung gehen.

Ausgangssperren betreffen nicht nur Privatpersonen. Auch Unternehmen müssen weitere Vorkehrungen treffen.

Was sind die rechtlichen Rahmenbedingungen für Ausgangssperren?

Auf der Grundlage des IfSG können Gebote und Verbote zur Bekämpfung übertragbarer Krankheiten erlassen werden. Für die Durchsetzung der Vorgaben des IfSG sind die Bundesländer zuständig. Für eine Ausgangssperre kommen grundsätzlich zwei rechtliche Maßnahmen in Betracht, die sich insbesondere in ihrem räumlichen Anwendungsbereich unterscheiden. Für ihr Zuständigkeitsgebiet kann eine (untere) Verwaltungsbehörde eine sogenannte Allgemeinverfügung zum Schutz vor einer Ansteckung auf der Grundlage des § 28 IfSG erlassen. Beim Bestehen einer allgemeinen Ansteckungsgefahr können so alle ansässigen Personen verpflichten werden, den Ort, an dem sie sich befinden, nicht zu verlassen (Ausgangsverbot) oder bestimmte Orte nicht zu betreten (Betretungsverbot). Anders als Quarantänemaßnahmen gemäß § 30 IfSG betrifft eine solche Allgemeinverfügung nicht nur Personen, die sich angesteckt haben oder bei denen der Verdacht der Ansteckung besteht.

Darüber hinaus hat die jeweilige Landesregierung die Möglichkeit, auf der Grundlage von § 32 IfSG Rechtsverordnungen mit landesweiter Geltung zu erlassen. Gegenstand einer solchen Rechtsverordnung kann ebenfalls eine Ausgangssperre sein. Die rechtlichen Voraussetzungen zum Erlass einer Rechtsverordnung entsprechen hinsichtlich der Ansteckungsgefahr denen einer Allgemeinverfügung nach § 28 IfSG.

Der Inhalt der Rechtsakte muss jeweils klar und bestimmt sein (Bestimmtheitsgebot). Das gilt etwa für den zeitlichen und räumlichen Anwendungsbereich, aber auch für etwaige Ausnahmen.

Gibt es Ausnahmen oder graduelle Abstufungen?

Die handelnde Behörde kann ihre Anordnungen mit Ausnahmen versehen, die wiederum möglichst bestimmt sein müssen. Die deutschlandweit erste Allgemeinverfügung des Landkreises Tirschenreuth sieht etwa u.a. die folgenden Ausnahmen ausdrücklich vor:

  • Hin- und Rückweg zur jeweiligen Arbeitsstätte mit Bescheinigung des Arbeitgebers
  • Einkäufe für den Bedarf des täglichen Lebens innerhalb des Stadtgebiets
  • Besuche von Arztpraxen, Sanitätshäusern, Optiker, Hörgeräteakustiker und Gesundheitspraxen
  • Apothekenbesuche innerhalb des betroffenen Stadtgebiets
  • Besuche von Filialen der Deutschen Post
  • Tanken an Tankstellen
  • Feuerwehrkräfte und Rettungskräfte auf dem Weg zum Stützpunkt oder Einsatzort
  • Notwendiger Lieferverkehr

Weiterhin steht es den anordnenden Behörden offen, in den Rechtsakten die Möglichkeit vorzusehen, dass Betroffene eine Ausnahme von dem jeweiligen Rechtsakt beantragen können (so geschehen im Fall der Stadt Mitterteich). Dies ist auch verfassungsrechtlich geboten, um den Grundsatz der Verhältnismäßigkeit zu wahren.

Welche Sanktionen drohen bei Verstoß gegen eine Ausgangssperre?

Die Überwachung der Rechtsakte erfolgen sowohl durch die lokalen Verwaltungsbehörden (insbesondere Ordnungsämter) als auch durch den Polizeivollzugsdienst des jeweiligen Bundeslandes.
Der Verstoß gegen eine vollziehbare Anordnung (Allgemeinverfügung oder Rechtsverordnung) nach dem IfSG ist unter Strafe gestellt. Der einschlägige Straftatbestand (§ 75 IfSG) sieht eine Geldstrafe oder Freiheitsstrafe bis zu zwei Jahren bei vorsätzlicher Begehung vor. Bei einem Verstoß in fahrlässiger Unkenntnis droht ebenfalls eine Geldstrafe oder eine Freiheitsstrafe von bis zu einem Jahr. Zwar wird eine Freiheitsstrafe nur bei einer beharrlichen Zuwiderhandlung in Frage kommen. Je nach Monatseinkommen droht aber zumindest eine empfindliche Geldstrafe, welche auch schnell zu einer sog. Vorstrafe (mehr als 90 Tagessätze) führen kann.

Was können Unternehmen jetzt tun?

Unternehmen sollten sich bereits jetzt auf weitläufige Ausgangssperren vorbereiten, da diese auch sehr kurzfristig angeordnet werden können. Es sollten insbesondere folgende Vorbereitungen getroffen werden:

  • Arbeitgeberbescheinigung: Unternehmen sollten (formularmäßig) Bescheinigungen für ihre Arbeitnehmer vorbereiten, um sicherzustellen, dass die Arbeitsplätze erreicht werden können. So kann zumindest ein Notbetrieb weiter aufrecht erhalten werden.
  • Organisation des laufenden Betriebes bzw. Notbetriebes: Zur weiteren Organisation eines ggf. erforderlichen Notbetriebs sollte eine enge Abstimmung mit Kunden und Lieferanten erfolgen. Die Ausgangssperren können etwa erhebliche Auswirkungen auf die Lieferketten haben (zumindest wenn es sich im Rahmen der aktuellen Krise nicht um notwendige Lieferungen handelt).
  • Dokumentation: Generell sollte die Einhaltung der Vorgaben des IfSG (nicht nur bezüglich Ausgangssperren, sondern etwa auch in Bezug auf die Meldung von Verdachts- und Krankheitsfällen an die Gesundheitsämter) zum späteren Nachweis gut dokumentiert werden. Soweit noch nicht geschehen, sollten entsprechende interne Zuständigkeitszuweisungen und sonstige organisatorische Maßnahmen getroffen werden. Das Unternehmen und dessen Verantwortliche vermeiden auf diese Weise, genau wie durch die angesprochenen Arbeitgeberbescheinigungen, bei Zuwiderhandlungen der eigenen Mitarbeiter spätere Geldbußen nach dem Gesetz über Ordnungswidrigkeiten.

DISCLAIMER: Because of the generality of this update, the information provided herein may not be applicable in all situations and should not be acted upon without specific legal advice based on particular situations.

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