Paukenschlag in erster Instanz: Ausländische Arbeitnehmer zählen bei Schwellenwerten zur Unternehmensmitbestimmung mit

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Urteil des Landgerichts Frankfurt a.M. vom 16.2.2015 (3-16 O 1/14) – Hinzurechnung ausländischer Arbeitnehmer bei Unternehmensmitbestimmung

Die FAZ vom heutigen Tage berichtet über einen Rechtsstreit vor dem Landgericht Frankfurt a.M., in dem ein Neu-Aktionär – ein Arbeitsrechtsprofessor aus München – ein Statusverfahren gegen die Deutsche Börse AG mit dem Ziel eingeleitet hat, feststellen zu lassen, dass deren Aufsichtsrat wegen Verstoßes gegen die Unternehmensmitbestimmung nicht korrekt besetzt sei.

Die Entscheidung des Landgerichts

Weder eine Pressemitteilung des Gerichts noch die Entscheidungsgründe liegen bisher vor. Wie sich dem Pressebericht jedoch entnehmen lässt, hat das Landgericht dem Begehren stattgegeben. Der Aufsichtsrat der Deutschen Börse AG – der bisher nach den Regeln des Drittelbeteiligungsgesetztes zu einem Drittel aus Arbeitnehmervertretern bestand – sei tatsächlich nach dem Mitbestimmungsgesetz zur Hälfte („paritätisch“) mit Arbeitnehmervertretern zu besetzen. Zur Begründung habe das Gericht angeführt, dass auch die Arbeitnehmer ausländischer Konzernunternehmen bei der Bestimmung der maßgeblichen Arbeitnehmerzahl zu berücksichtigen seien. Eine Einschränkung auf inländisch beschäftigte Arbeitnehmer oder inländische Unternehmen sei weder dem Drittelbeteiligungs- noch dem Mitbestimmungsgesetz zu entnehmen.

Die bisher herrschende Auffassung

Die Entscheidung steht der bisher herrschenden Literaturauffassung (welche sich u.a. auf die Gesetzesbegründung stützt) diametral entgegen. Bisher ging die Literatur nahezu einheitlich davon aus, dass wegen des sog. Territorialitätsprinzips die Rechtswirkungen des Mitbestimmungsgesetzes an den Landesgrenzen enden. Damit wären Arbeitnehmer ausländischer Betriebe und Tochterunternehmen nicht als Arbeitnehmer i.S.d. der entsprechenden mitbestimmungsrechtlichen Normen anzusehen.

Folgen für die Praxis

Die Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig. Sicher wird sie in die nächste Instanz gehen und schließlich beim BGH überprüft werden. Bis zu dessen Entscheidung prägt nun eine große Unsicherheit die Anwendung der Mitbestimmungsgesetze. Gerade für viele mittelständische Unternehmen ist die Entscheidung von besondere Brisanz: Bei ihnen könnte eine Zurechnung der Arbeitnehmer ausländischer Betriebe und Konzernunternehmen erstmals zu einer Überschreitung der Grenzen der Unternehmensmitbestimmung führen und die Einrichtung von entsprechenden Aufsichtsratsgremien erforderlich machen.

 

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