BAG zur Erstattung von Detektivkosten wegen Verdachts vorgetäuschter Arbeitsunfähigkeit

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Welche Maßnahmen ein Arbeitgeber ergreifen kann, wenn ein Mitarbeiter sich krankschreiben lässt und sich während des Krankschreibungszeitraums mit Tätigkeiten beschäftigt, die mit der attestierten Arbeitsunfähigkeit offensichtlich unvereinbar sind, ist immer wieder Gegenstand von höchstrichterlichen Entscheidungen.

Neben einer Kündigung wird hier regelmäßig die Frage relevant, ob der Arbeitgeber eine Privatdetektei beauftragen kann und dem überführten „Blaumacher“ anschließend die hierfür entstandenen Kosten auferlegen darf. Nach einer jüngeren Entscheidung des BAG kann eine solche Forderung grundsätzlich in Betracht kommen (BAG, Urteil vom 26. September 2013 – 8 AZR 1026/12 – NJW 2014, 877).

Dem Urteil lag, stark verkürzt, folgender Sachverhalt zu Grunde: Der Kläger war als Busfahrer beschäftigt und in den Jahren 2009 und 2010 wiederholt und teilweise wochenlang krankgeschrieben. Eine Untersuchung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen lehnte der Kläger mehrfach ab. Der dadurch misstrauisch gewordene Arbeitgeber engagierte sodann einen Privatdetektiv. Der Detektiv observierte den krankgeschriebenen Busfahrer und fand heraus, dass dieser im Restaurant seines Schwiegervaters mitarbeitete, wo er zum Beispiel auch mehrmals volle Getränkekisten trug. Daraufhin forderte der Arbeitgeber den Kläger noch einmal auf, eine ärztliche Untersuchung durch den Medizinischen Dienst der Krankenkassen durchführen zu lassen. Als der Kläger dem wiederrum nicht nachkam, beauftragte die Firma den Privatdetektiv ein weiteres Mal. Wiederum wurde der krankgeschriebene Busfahrer dabei beobachtet, wie er im Restaurant mithalf und außerdem Bier und Spirituosen konsumierte. Der Arbeitgeber kündigte dem Mitarbeiter daraufhin fristlos und forderte zudem die Erstattung der Detektivkosten von insgesamt knapp EUR 13.000.

Es entspricht gefestigter Rechtsprechung des BAG, dass ein Arbeitnehmer gegenüber seinem Arbeitgeber dann zum Schadensersatz wegen der Verletzung arbeitsvertraglicher Pflichten gemäß § 280 Abs. 1 BGB verpflichtet ist, wenn der Arbeitgeber auf Grund eines konkreten Tatverdachts einem Detektiv die Überwachung des Arbeitnehmers überträgt und der Arbeitnehmer tatsächlich einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung überführt wird (BAG, Urteil vom 28. Oktober 2010 – 8 AZR 547/09 – NZA-RR 2011, 231). Nach der neuen Entscheidung kommt eine Erstattung aber bereits dann in Betracht, wenn die ermittelten Tatsachen zu einem so schwerwiegenden Verdacht einer vorsätzlichen Vertragspflichtverletzung führen, dass eine deswegen ausgesprochene Kündigung im Sinne einer Verdachtskündigung als begründet angesehen werden muss. Das BAG verlangt hierfür, dass die Belastungstatsachen, die den Verdacht begründen, schuldhafte Verletzungen von Vertragspflichten darstellen (§ 619a BGB). Die Vertragsverletzung kann nach dem BAG gemäß § 241 Abs. 2 BGB auch darin bestehen, dass der durch die Detektei beobachtete Arbeitnehmer seine Pflicht zur Rücksicht auf die Rechte, Rechtsgüter und Interessen des Arbeitgebers schuldhaft verletzt. Im konkreten Fall genügte dem BAG dann aber die bloße Feststellung genesungswidrigen Verhaltens noch nicht. Daher hat es zur weiteren Sachaufklärung den Rechtsstreit zurück an das LAG verwiesen.

 

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