Sustainable Finance – praktische Hilfe für EU Green Bonds und Co.

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[autor: Peter Neuböck]

Trotz der derzeitigen Situation rund um COVID möchten wir uns auch positiven Themen widmen und Sie weiterhin über die aktuellen Entwicklungen im Bereich Sustainable Finance am Laufenden halten: Anfang März hat die Technical Expert Group on Sustainable Finance (kurz: TEG) ihren Abschlussbericht zur EU Taxonomie ökologisch nachhaltiger Tätigkeiten gemeinsam mit einem Usability Guide zum Europäischen Green Bond Standard veröffentlicht.

Neben weiteren inhaltlichen Updates, die u.a. den politischen Consensus zur Taxonomie Verordnung vom Dezember 2019 widerspiegeln, beinhaltet insbesondere der EU Green Bond Usability Guide viele praktische Leitlinien für Marktteilnehmer im Sustainable Finance Sektor. Legislativakte zu einem rechtsverbindlichen EU Green Bond Standard müssen allerdings erst gesetzt werden und es existieren noch viele offene Fragen. Der folgende Artikel liefert einen kurzen Überblick über den status quo auf dem Weg hin zum EU Green Bond Standard.

Die TEG wurde 2018 von der Europäischen Kommission im Rahmen des „Sustainable Finance Action Plan“ mit der Angabe eingesetzt, die EU-Kommission bei der Entwicklung eines rechtlichen Rahmenwerks in nachfolgenden Bereichen zu unterstützen:

  • Klassifikationssystem ökologisch nachhaltiger Tätigkeiten (EU Taxonomy);
  • EU Green Bond Standard (EU GBS);
  • Climate Benchmarks; sowie
  • Offenlegung klimabezogener Informationen.

Bereits 2019 hatte die TEG ihre Abschlussberichte zum EU GBS, den Climate Benchmarks sowie klimabezogener Disclosure veröffentlicht.

Taxonomie als Grundlage für Green Bonds

Der nun im März 2020 veröffentlichte Abschlussbericht der TEG zur Taxonomie Verordnung beinhaltet neben Empfehlungen zur Ausgestaltung des übergeordneten Rahmenwerks auch Leitlinien zur praktischen Umsetzung der Verordnung, wie z.B. zur „Taxonomy Disclosure“. Überdies hat die TEG einen Entwurf technischer Evaluierungskriterien („Technical Screening Criteria“)[1] für die Umweltziele Klimaschutz sowie Anpassung an den Klimawandel ausgearbeitet, der als Grundlage für künftige Rechtsakte der Kommission dient. Die Evaluierungskriterien sind auf bestimmte wirtschaftliche Tätigkeiten (wie z.B. Energiegewinnung, Land- und Forstwirtschaft, Abwasserentsorgung oder Transportwesen) abgestimmt und dienen u.a. der Feststellung, ob diese Tätigkeit wesentlich zur Verwirklichung der oben genannten Umweltziele beiträgt, wie von der Taxonomie Verordnung verlangt. Zusätzlich wird auf der Homepage der EU-Kommission künftigen Anwendern der Taxonomie (wie z.B. möglichen Emittenten von EU Green Bonds) ein Excel-Tool zur Verfügung gestellt, das diese bei der Klassifizierung ihrer Wirtschaftstätigkeiten unterstützen soll.

EU Green Bond Standard – praktische Leitlinien für Emittenten und Investoren

Gemeinsam mit dem Taxonomie Bericht hat die TEG auch einen „Usability Guide“ zum EU GBS veröffentlicht. Dieser beinhaltet insbesondere praktische Leitlinien für zukünftige Emittenten von und Investoren in EU Green Bonds. Darüber hinaus werden auch die jüngsten Änderungen der Taxonomie Verordnung auf Basis der politischen Einigung aus Dezember 2019 in einem überarbeiteten EU GBS (Annex 1 des Usability Guides) reflektiert, wie z.B. die Ausrichtung auf die OECD Richtlinien für multinationale Unternehmen sowie die UN Leitprinzipien für Wirtschafts- und Menschenrechte in puncto Mindestschutz[2] (Verfahren des Unternehmens zu Einhaltung der Grundprinzipen dieser und weiterer internationaler Standards). Der EU GBS Usability Guide beinhaltet überdies Templates für die Erstellung eines EU Green Bond Frameworks sowie für das Reporting (Annex 2 und 3 des Guides), jeweils mit ergänzenden Hilfestellungen und Anmerkungen.

Die TEG stellt nochmals klar, dass der EU GBS ein freiwilliger Standard ist und Emittenten das Wahlrecht haben sollen, auch für andere Green Bond Standards (wie z.B. die ICMA Green Bond Principles) zu optieren und nicht verpflichtet sind, sich den Regelungen des EU GBS zu unterwerfen.

EU GBS in a Nutshell

Nochmals kurz zusammengefasst muss nach Punkt 3 des EU GBS ein EU Green Bond im Wesentlichen die folgenden Voraussetzungen erfüllen:

  • Veröffentlichung eines Green Bond Frameworks – vereinfacht gesagt einer Darstellung des Aufbaus der Emission (z.B. Use of Proceeds, Umweltziele) sowie deren Übereinstimmung mit dem EU GBS und der Taxonomie Verordnung;
  • Der Emissionserlös (oder ein Betrag in selber Höhe) muss ausschließlich zur Finanzierung oder Refinanzierung eines neuen oder bestehenden „Green Projects“ verwendet werden; und
  • Die Übereinstimmung des EU Green Bonds mit dem EU GBS muss von einem „approved Verifier“ (im Folgenden: Prüfer) bestätigt werden.

Zudem unterliegt der Emittent besonderen Reportingverpflichtungen.

Eines der besonderen Charakteristika des EU GBS, das diesen von anderen internationalen Standards (wie z.B. den ICMA Green Bond Principles oder den LMA Green Loan Principles) unterscheidet, ist dessen Koppelung an ein rechtlich verbindliches und standardisiertes Normenwerk – die Taxonomie Verordnung. Darüber hinaus erweitert der EU GBS mit seinem „Use of Proceeds“-Ansatz den Kreis potentieller Emittenten. So stellt der EU GBS nicht auf den Geschäftszweig des Emittenten ab, sondern vielmehr auf das grüne Projekt. Auch Refinanzierungen von Green Assets und Green Opex (Betriebskosten) sind unter bestimmten Voraussetzungen möglich, wobei für letztere grundsätzlich eine 3-jährige look-back Periode gelten soll.

Um als „Green Project“ unter dem EU GBS eingestuft zu werden, muss das Projekt (1) mindestens eines der sechs Umweltziele[3] der Taxonomie Verordnung wesentlich fördern, (2) keines der anderen erheblich beeinträchtigen, (3) den erforderlichen Mindestschutz[4] gewährleisten sowie (4) den technischen Evaluierungskriterien entsprechen. Solange die Taxonomie Verordnung noch nicht zur Gänze in Kraft ist und nicht sämtliche technische Evaluierungskriterien für die Umweltziele definiert wurden, soll der EU GBS, sofern früher in Kraft, eine gewisse Flexibilität bei der Einstufung als grünes Projekt zulassen. In solchen Fällen soll ausreichend sein, dass ein externer Prüfer das Vorliegen der Voraussetzungen (1) bis (3) bestätigt.

“EU GBS in the Making” – wer darf Prüfer sein?

Ähnlich wie im Bereich ESG Ratings sind externe Bewertungen auch für Green Bonds ein kritischer und entscheidender Faktor und sohin auch im Rahmen des EU GBS ein wichtiges Thema. Bei Green Bonds ist die Heranziehung eines externen Prüfers für den „grünen“ Teil der Emission zur Marktpraxis geworden.

Die Bestätigung der Übereinstimmung des Bonds mit den Vorgaben des EU GBS soll – so der Vorschlag der TEG – durch zugelassene externe Prüfer erfolgen. Im Rahmen der Emission eines EU Green Bonds muss der externe Prüfer zunächst die Übereinstimmung des grünen Projekts mit der Taxonomie Verordnung und dem Green Bond Framework der Anleihe feststellen sowie nach vollständiger Allokation der Emissionserlöse (oder eines Betrags in selber Höhe) bestätigen, dass diese auch tatsächlich für das grüne Projekt aufgewendet wurden.

Wie könnte nun eine Regulierung der Prüfer aussehen – sowohl in puncto Registrierung/Autorisierung als auch in puncto Aufsichtsregime? Die TEG hat in ihrem Abschlussbericht zum EU GBS aus 2019 mehrere Szenarien offengelegt und scheint grundsätzlich zu einem zentralisierten System unter Aufsicht der Europäischen Wertpapier- und Marktaufsichtsbehörde ESMA zu tendieren. Aufgrund ihrer Aufsichtsfunktion im Bereich der Rating Agenturen wäre eine Aufsicht durch ESMA naheliegend, hat sie doch in diesem Segment bereits entsprechende Expertise vorzuweisen. Die TEG erwartet im Bereich Sustainable Finance einen kleinen Markt potentieller Prüfer. Eine Zulassung und Aufsicht durch ESMA würde, so die TEG, ein level playing field unter den Prüfern gewährleisten. Die finale Entscheidung zur tatsächlichen Ausgestaltung liegt allerdings auch hier bei der EU Kommission.

Bis zur Umsetzung eines möglichen Legislativakts zum EU GBS soll laut TEG ein vorübergehendes marktbasiertes Registrierungssystem für Prüfer (the „Scheme“) für eine Übergangsperiode von bis zu drei Jahren eingesetzt werden. Das Registrierungssystem würde einen formalisierten Registrierungsprozess etablieren, ein öffentliches Register der Prüfer führen sowie Mindestanforderung für die Registrierung von Prüfern beinhalten. So müssen Prüfer bestimmte ethische und professionelle Prinzipen befolgen und Expertise im Kapitalmarkt sowie der Anwendung der Taxonomie Verordnung vorweisen. Die konkrete Ausgestaltung lässt die TEG allerdings noch offen.

Was kommt als nächstes?

Die Taxonomie Verordnung ist bereits auf der Zielgeraden des Gesetzgebungsprozesses und soll Mitte das Jahres formal beschlossen werden. Seit Mitte März befindet sich die EU Kommission in einer Konsultationsphase für die Ausarbeitung einer „Renewed Strategy on Sustainable Finance“, die kommenden Herbst präsentiert werden soll und auch mögliche Gesetzesinitiative der Kommission zum EU GBS offenlegt. Dann wir sich auch zeigen ob die EU die erste supranationale Organisation mit einem rechtlich verbindlichen Green Standard sein wird.

Wichtige Links:

Den Abschlussbericht der TEG, die Technischen Evaluierungskriterien sowie das Excel Tool finden Sie unter nachstehendem Link.

Den EU GBS Usability Guide finden sie unter nachstehendem Link.

[2] Unter Mindestschutz im Sinne des Art 13 der Taxonomie Verordnung („Minimum Safeguards“) sind unternehmensinterne Verfahren zu verstehen, die gewährleisten sollen, dass die jeweilige ökologisch nachhaltige Tätigkeit auch den in der Verordnung niedergelegten internationalen Standards entspricht (z.B. die oben genannten UN Leitprinzipien für Wirtschafts- und Menschenrechte).

[3] Dies sind: (1) Klimaschutz; (2) Anpassung an den Klimawandel; (3) nachhaltige Nutzung und Schutz von Wasser- und Meeresressourcen; (4) Übergang zu einer Kreislaufwirtschaft, Abfallvermeidung und Recycling (5) Vermeidung und Verminderung der Umweltverschmutzung und (6) Schutz gesunder Ökosysteme.

[4] Siehe Fn. 1.

DISCLAIMER: Because of the generality of this update, the information provided herein may not be applicable in all situations and should not be acted upon without specific legal advice based on particular situations.

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