ELTIF 2.0 - Eine Alternative Zum Offenen Immobilien-Publikumsfonds?

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I. Einleitung

Der European Long-Term Investment Fund (ELTIF) ist ein europäisches Anlageinstrument, das aus wirtschaftspolitischen Erwägungen eingeführt wurde, um bestimmten Branchen und Unternehmen zusätzliche Finanzierungsmöglichkeiten zu gewähren. Obwohl der ELTIF bereits im Jahre 2015 von der EU-Kommission ins Leben gerufen wurde, sind seitdem nur relativ wenige ELTIFs zugelassen worden. Im Juli 2023 existierten laut dem öffentlichen Register der ESMA lediglich 95 ELTIFs, die größtenteils in Luxemburg, Frankreich, Spanien und Italien aufgelegt wurden.

Dennoch wird der ELTIF in diesem Jahr insbesondere auch in Deutschland viel diskutiert. Warum? Die ELTIF-Verordnung wurde zwischenzeitlich grundlegend überarbeitet. Zum 10. Januar 2024 treten die neuen Regelungen in Kraft und bringen eine Vielzahl von Änderungen mit sich. Diese Reform nehmen wir zum Anlass, um den neuen ELTIF mit dem offenen Immobilien-Publikumsfonds zu vergleichen und etwaige Vor- und Nachteile des neuen Anlageprodukts aufzuzeigen.

WEITERE INFORMATIONEN


II. Anlagegegenstände

Beim ELTIF handelt es sich um ein Multi-Asset-Produkt. Im Gegensatz zum offenen Immobilien-Publikumsfonds ist der ELTIF nicht auf einen strikten Anlagekatalog beschränkt. Vielmehr können die zulässigen Anlagen eines ELTIFs in zwei Vermögenswertkategorien unterteilt werden: Zum einen kann in sog. „zulässige Anlagevermögenswerte″ investiert werden, die in aller Regel illiquide sind und eine Verpflichtung für einen bestimmten Zeitraum verlangen. Hierzu gehören Sachwerte (u.a. Immobilien, Infrastruktur für Kommunikation, Umwelt, Energie oder Verkehr, soziale Infrastrukturen), Eigenkapital- oder eigenkapitalähnliche Instrumente von „qualifizierten Portfoliounternehmen″, Darlehen an „qualifizierte Portfoliounternehmen″ und Anteile an Zielfonds, die ihrerseits in ELTIF-taugliche Anlagen investieren. Daneben dürfen ELTIFs – wohl zum Zweck der Liquiditätsanlage – in sämtliche OGAW-taugliche Vermögensgegenstände investieren.

Offene Immobilien-Publikumsfonds dürfen lediglich in Grundstücke und grundstücksgleiche Rechte, Bewirtschaftungsgegenstände, Beteiligungen an Immobilien-Gesellschaften sowie bestimmte Wertpapiere, Geldmarktinstrumente und Bankguthaben zum Zweck der Liquiditätsanlage investieren.

ELTIFs haben daher eine deutlich breitere Palette von Anlagegegenständen als offene Immobilien-Publikumsfonds. Besonders interessant ist die weite Investitionsmöglichkeit in Sachwerte, da hierdurch die Flexibilität von Vermögensverwaltern erheblich erhöht wird. Einzige Voraussetzung eines Sachwertes ist, dass dieser aufgrund seiner Beschaffenheit bzw. seiner Art einen Ertragswert hat, wodurch sich vielfältige Investitionsmöglichkeiten bieten. Dies ermöglicht es, das Risiko nicht nur auf eine Assetklasse zu beschränken, besser zu streuen und ggf. Anlagen zu kombinieren, die in sachlichem Zusammenhang stehen (z.B. Immobilien und Beteiligungen an Projektentwicklungsunternehmen). Im Vergleich dazu dürfen offene Immobilien-Publikumsfonds ausschließlich in Immobilien investieren.

III. Portfoliozusammensetzung und Diversifizierung

Während ein ELTIF ursprünglich mindestens 70 % seines Kapitals in zulässige Anlagevermögenswerte investieren musste, ist diese Quote nun auf 55 % korrigiert worden. Mindestens 55 % des Kapitals des ELTIF müssen daher in die o.g. „zulässigen Anlagevermögenswerte″ investiert werden.

Zudem wurden die Diversifizierungsquoten angepasst. Ein ELTIF darf nunmehr maximal 20 % seines Kapitals in Instrumente von oder Kredite an dasselbe qualifizierte Portfoliounternehmen, maximal 20 % seines Kapitals in einen einzigen Sachwert sowie maximal 20 % seines Kapitals in Anteile an einem einzigen ELTIF, EuVECA, EuSEF, OGAW oder EU-AIF und maximal 30 % eines ELTIF, EuVECA, EuSEF, OGAW oder EU-AIF erwerben.

Offene Immobilien-Publikumsfonds müssen mehr als 50 % des Wertes des Sondervermögens in Immobilien investieren, wobei maximal 15 % des Wertes des Sondervermögens auf ein einzelnes Objekt entfallen dürfen. Zudem darf der Gesamtwert aller Immobilien, deren einzelner Wert mehr als 10 % des Wertes des Sondervermögens beträgt, 50 % des Wertes des Sondervermögens nicht überschreiten. Grundstücke im Zustand der Bebauung dürfen maximal 20 % des Wertes des Sondervermögens ausmachen. Maximal 49 % des Wertes des Sondervermögens dürfen in Bankguthaben, Geldmarktinstrumente, Investmentanteile, Wertpapiere und REITS investiert werden. Die Kapitalverwaltungsgesellschaft muss zudem sicherstellen, dass ein Betrag, der mindestens 5 % des Wertes des Sondervermögens entspricht, für die Rücknahme von Anteilen verfügbar ist.

IV. Kreditaufnahme

Um ihre Anlagen fremd zu finanzieren, können ELTIFs Kredite aufnehmen. Der Verordnungsgeber erhöhte die Fremdkapitalquote von 30 % auf 50 % des Nettovermögenswertes des ELTIF. Der Verwalter des ELTIFs hat im Prospekt anzugeben, ob er beabsichtigt im Rahmen seiner Anlagestrategie Barkredite aufzunehmen und welche Obergrenze für die Kreditaufnahme vorgesehen ist. Die Obergrenze gilt allerdings erst maximal drei Jahre nach dem Datum, an dem der Vertrieb des ELTIF begonnen hat.

Die Fremdkapitalquote offener Publikumsfonds hingegen beträgt maximal 30 % des Verkehrswertes der zum Sondervermögen gehörenden Immobilien. Zusätzliche kurzfristige Kredite dürfen eine Fremdkapitalquote von maximal 10 % des Nettowertes des Sondervermögens nicht überschreiten.

Die höhere Kreditaufnahmegrenze des ELTIF – im Vergleich zum offenen Immobilien-Publikumsfonds – kann durchaus Vorteile mit sich bringen. Insbesondere ist es dem ELTIF hierdurch möglich, den Leverage zu steigern und so ggf. höhere Renditen zu erzielen. Es gilt allerdings zu beachten, dass die jeweiligen Berechnungsgrundlagen der Fremdkapitalquote unterschiedlich sind, sodass sich die zunächst deutlich höher scheinende Kreditaufnahmegrenze des ELTIFs unter Umständen geringfügiger auswirken könnte als es auf den ersten Blick scheint.

V. Liquiditätsvorgaben und Rückgabemöglichkeiten

Ein wichtiger Unterschied zwischen ELTIFs und offenen Immobilien-Publikumsfonds liegt in den Liquiditätsvorgaben und Rückgabemöglichkeiten.

ELTIFs sind auf langfristige Investitionen ausgerichtet. Daher handelt es sich grundsätzlich um geschlossene Fonds. Dies hat zur Folge, dass Anleger eines ELTIFs die Rücknahme ihrer Anteile nicht vor Ende der für den ELTIF festgelegten Laufzeit beantragen können. In den Anlagebedingungen oder der Satzung des betreffenden ELTIFs ist ein eindeutiges konkretes Datum für das Ende der Laufzeit des ELTIF anzugeben.

Unter bestimmten Voraussetzungen kann in den Anlagebedingungen oder der Satzung eines ELTIFs jedoch die Möglichkeit von Anteilrücknahmen während der Laufzeit vorgesehen werden. Hierfür muss eine anlegerbezogene Mindesthaltedauer mit einem individuellen Zeitraum festgelegt werden. Zudem muss der Verwalter des ELTIF nachweisen, dass es für den ELTIF eine angemessene Rücknahmeregelung und angemessene Liquiditätsmanagementinstrumente gibt, die mit der langfristigen Anlagestrategie des ELTIFs vereinbar sind. In der entsprechenden Rücknahmeregelung des ELTIFs sind die Verfahren und Bedingungen für Rücknahmen eindeutig anzugeben. Schließlich muss durch die Rücknahmeregelung des ELTIFs sichergestellt werden, dass die Rücknahme auf einen individuell festgelegten Anteil der OGAW-konformen Anlagen des ELTIF beschränkt sind und die Anleger fair behandelt werden, indem Rücknahmen ggf. anteilig gewährt werden. Den Anlegern muss also vertraglich keine unbedingte, umfassende Rücknahme ihrer Anteile während der Laufzeit des ELTIF zugesagt werden.

Die Rückgabe von Anteilen offener Immobilien-Publikumsfonds hingegen ist nach Ablauf einer Mindesthaltefrist von 24 Monaten und unter Einhaltung einer Rückgabefrist von zwölf Monaten möglich. Reichen zu diesem Zeitpunkt die in dem Immobilien-Publikumsfonds vorhandenen liquiden Mittel nicht zur Zahlung der Rücknahmepreise der Anteile an die Anleger aus, muss die Rücknahme der Anteile ausgesetzt werden. In diesem Fall sind die Vermögensgegenstände des Immobilien-Publikumsfonds zur Liquiditätsbeschaffung zügig zu veräußern, um alle Rücknahmeverlangen bedienen zu können. Wenn dies nicht binnen drei Jahren gelingt, muss der Fonds abgewickelt werden.

VI. Vertrieb

ELTIFs können über das EU-Passporting Verfahren für AIF zum grenzüberschreitenden Vertrieb in der gesamten Europäischen Union zugelassen werden. Hierfür bedarf es lediglich einer Anzeige gegenüber der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates. Im Unterschied zu sonstigen AIF kann der Vertrieb sowohl gegenüber professionellen Anlegern als auch gegenüber Kleinanlegern in anderen EU-Staaten erfolgen. Insbesondere für Kleinanleger dürfte der ELTIF seit der Reform ein zunehmend attraktives Investmentvehikel darstellen, da der bislang geltende Mindestanlagebetrag von EUR 10.000 sowie die zehnprozentige Obergrenze für Privatanleger mit liquidem Vermögen unter EUR 500.000 gestrichen worden sind.

Ein europaweiter Vertrieb von Immobilien-Publikumsfonds bedarf hingegen der individuellen, national geregelten Zulassung durch die jeweils zuständige Behörde des betreffenden Mitgliedsstaates. Lediglich der grenzüberschreitende Vertrieb ausschließlich an professionelle Anleger ist ohne Zulassung mit Hilfe des AIF-Passportings möglich.

Der ELTIF stellt daher wie der OGAW ein europäisches Anlageprodukt dar, das grenzüberschreitend ohne nationale Zulassung sowohl an professionelle Anleger als auch an Kleinanleger vertrieben werden kann, wodurch ein erleichterter Vertrieb – im Vergleich zum Immobilien-Publikumsfonds – ermöglicht wird.

VII. Fazit

Durch sein breites Anlagespektrum, die erhöhte Kreditaufnahmegrenze und die grenzüberschreitenden Vertriebsmöglichkeiten ohne Zulassung auch an Kleinanleger könnte der ELTIF eine echte Alternative zum offenen Immobilien-Publikumsfonds darstellen. Während der grenzüberschreitende Vertrieb von Immobilien-Publikumsfonds aufgrund des mit der erforderlichen Zulassung in dem betreffenden Mitgliedsstaat verbundenen Aufwandes meist mühsam ist, genügt bei einem ELTIF eine Anzeige bei der zuständigen Behörde des Herkunftsmitgliedstaates. Auch das gefürchtete Szenario einer Rücknahmeaussetzung, möglicherweise gefolgt von einer erzwungenen Abwicklung des Fonds, könnte bei einem ELTIF durch sachgerechte vertragliche Regelungen vermieden.

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DISCLAIMER: Because of the generality of this update, the information provided herein may not be applicable in all situations and should not be acted upon without specific legal advice based on particular situations.

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