Bundestag hat vorübergehende Aussetzung der Insolvenzantragspflicht beschlossen

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ÜBERBLICK


Der Bundestag hat am 25. März 2020 den von der Bundesregierung eingebrachten Gesetzesentwurf zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Insolvenzrecht beschlossen. Die Entscheidung des Bundesrates ist für den 27. März 2020 vorgesehen. Das Gesetz soll noch im März in Kraft treten und wird rückwirkend ab dem 1. März 2020 gelten.

IN DEPTH


Der Gesetzesentwurf sieht Regelungen zu Aussetzung der Insolvenzantragspflicht, Zahlungsverboten, neuen Darlehen und Sicherheiten sowie zur Insolvenzanfechtbarkeit vor:

1. Insolvenzantragspflicht

  • Die Pflicht zur Stellung eines Insolvenzantrags wird bis zum 30. September 2020 grundsätzlich ausgesetzt. Etwas anderes gilt nur, wenn die Insolvenzreife nicht auf den Folgen der COVID-19-Pandemie beruht oder keine Aussichten bestehen, die Zahlungsunfähigkeit zu beseitigen; in diesen Fällen bleiben die Insolvenzantragspflicht und die (straf-)rechtlichen Folgen im Fall verspäteter Antragstellung bestehen. Allerdings sieht der Gesetzesentwurf eine (widerlegbare) Vermutung vor, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht und Aussichten auf Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit bestehen, wenn das Unternehmen zum 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig war.
  • Gläubigeranträge auf Eröffnung eines Insolvenzverfahrens setzen voraus, dass der Eröffnungsgrund bereits zum 1. März 2020 vorgelegen hat.
  • Durch Rechtsverordnung kann der Zeitraum bis 31. März 2021 verlängert werden.

2. Zahlungsverbote und Geschäftsführerhaftung

  • Wenn und solange die Insolvenzantragsplicht nach den zuvor genannten Kriterien ausgesetzt ist, sind Zahlungen, die der Aufrechterhaltung oder Wiederaufnahme des Geschäftsbetriebs oder der Umsetzung eines Sanierungskonzepts dienen, nicht verboten i.S.v. § 64 S. 2 GmbHG, § 92 Abs. 2 AktG, § 130a Abs. 1 S. 2 HGB (sowie in Verbindung mit § 177a S. 1 HGB) und § 99 S. 2 GenG. Dies soll nach der Begründung zum Gesetzesentwurf auch Maßnahmen zur Neuausrichtung des Geschäfts bzw. des Geschäftsmodells im Rahmen einer Sanierung einschließen.
  • Die Vorstände bzw. Geschäftsführer, die Zahlungen und wirtschaftlich entsprechende Handlungen veranlassen, handeln daher nicht pflichtwidrig und sind nicht zum Ersatz der Zahlungen verpflichtet.

3. Neu-Kredite / neue Sicherheiten

  • Rückzahlungen von Krediten (bis zum 30. September 2023), die im Zeitraum der Aussetzung der Insolvenzantragspflicht neu gewährt wurden sowie die Bestellungen von Sicherheiten für solche neuen Kredite sind nicht anfechtbar. Für Kredite der KfW und ihrer Finanzierungspartner gilt dies auch nach Ende des Aussetzungszeitraums. Nach der Begründung zum Gesetzesentwurf soll dies aber nicht für Novationen oder Prolongationen von bereits bestehenden Darlehen gelten.
  • Gleiches gilt auch für die Rückgewähr von neuen Gesellschafterdarlehen (nicht aber für die Besicherung von Gesellschafterdarlehen).
  • Ferner unterliegen im Aussetzungszeitraum neu gewährte Gesellschafterdarlehen nicht dem gesetzlichen Nachrang in Insolvenzverfahren, die bis zum 30. September 2023 beantragt worden sein werden.
  • Kreditgewährungen und Besicherungen im Aussetzungszeitraum sind nicht nach den Grundsätzen des sittenwidrigen Sanierungskredits angreifbar. Die gesetzliche Vermutung, dass die Insolvenzreife auf den Auswirkungen der COVID-19-Pandemie beruht und Aussichten auf Beseitigung der Zahlungsunfähigkeit bestehen, wenn das Unternehmen zum 31. Dezember 2019 nicht zahlungsunfähig war, kommt den Darlehensgebern zugute. Es ist daher kein Sanierungsgutachten zur rechtlichen Absicherung neu gewährter Darlehen und deren Besicherung erforderlich. Nach der Begründung zum Gesetzesentwurf soll dies auch für Novationen und Prolongationen gelten.
  • Die Neuregelungen zu neuen Krediten und Sicherheiten gelten ausdrücklich auch für Unternehmen, die (noch) nicht insolvenzreif sind sowie für Unternehmen, für die keine Antragspflicht besteht (Einzelkaufleute, OHGs, KGs).

4. Insolvenzanfechtungsrecht

  • Kongruente Handlungen sind in einem späteren Insolvenzverfahren grundsätzlich nicht anfechtbar, es sei denn der anderen Partei war bekannt, dass die Sanierungs- und Finanzierungsbemühungen nicht zur Beseitigung einer Zahlungsunfähigkeit geeignet gewesen sind. Nach der Begründung zum Gesetzesentwurf muss der Vertragspartner nicht aktiv prüfen, ob der Schuldner geeignete Sanierungs- oder Finanzierungsbemühungen entfaltet.
  • Gleiches gilt für die folgenden inkongruenten Handlungen: Gewährung von Zahlungserleichterungen, Verkürzung von Zahlungszielen, Bestellung anderer – aber nicht werthaltigerer – Sicherheiten, Zahlungen durch einen Dritten auf Anweisung des Schuldners sowie Leistungen an Erfüllungs statt oder erfüllungshalber.
  • Die Neuregelungen zu Einschränkungen des Anfechtungsrechts gelten ausdrücklich auch für Unternehmen, die (noch) nicht insolvenzreif sind sowie für Unternehmen, für die keine Antragspflicht besteht (Einzelkaufleute, OHGs, KGs).

Zum Entwurf des Gesetzes zur Abmilderung der Folgen der COVID-19-Pandemie im Zivil-, Insolvenz- und Strafverfahrensrecht (BT-Drucksache 19/18110) klicken Sie bitte hier.

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