COVID-19: Staatliche Kapitalbeteiligungen haben einen (hohen) Preis

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Die Europäische Kommission legt beihilferechtliche Eckpunkte vor

Staatliche Unterstützungsmaßnahmen sollen helfen, die dramatischen wirtschaftlichen Folgen der COVID-19-Krise für eigentlich gesunde Unternehmen abzumildern. In der Anfangszeit der Krise standen insbesondere staatlich garantierte Darlehen zur Deckung des kurzfristigen Liquiditätsbedarfes im Vordergrund – in Deutschland in Form der verschiedenen KfW-Programme. Mit fortschreitender Dauer der Krise steigt der Bedarf nach weitergehenden Maßnahmen – insbesondere staatlichen Kapitalbeteiligungen. In Deutschland werden solche Kapitalbeteiligungen zum Beispiel über den Wirtschaftsstabilisierungsfonds („WSF“) und über den BayernFonds möglich sein.

In der Europäischen Union müssen staatliche Unterstützungsmaßnahmen von der Europäischen Kommission als staatliche Beihilfen genehmigt werden. Dies gilt, trotz vereinzelter Forderungen nach zeitweiliger Aufhebung der Beihilferegeln, auch während der COVID-19-Krise. Am 8. Mai 2020 hat die Europäische Kommission die Eckpunkte veröffentlicht, die sie bei der Prüfung von staatlichen Kapitalbeteiligungen zugrunde legen wird.

IN DEPTH


I. DAS WESENTLICHE IM ÜBERBLICK

Die Europäische Kommission wird Kapitalbeteiligungen der Mitgliedstaaten nur genehmigen, wenn bestimmte Voraussetzungen erfüllt sind. Insbesondere gilt:

  • Das begünstigte Unternehmen darf keine Dividenden mehr ausschütten;
  • M&A-Aktivitäten sind im Hinblick auf Wettbewerber, Kunden und Lieferanten stark eingeschränkt;
  • Die Vergütung des Managements ist Boni sind unzulässig.
  • Die Kapitalbeteiligung des Mitgliedstaates muss schnellstmöglich reduziert bzw. vollständig zurückgeführt werden, um nachteilige Konsequenzen (automatische Erhöhung des staatlichen Anteils; Umstrukturierungsverpflichtung) zu vermeiden.
  • Staatliche Kapitalbeteiligungen, die über den WSF oder BayernFonds gewährt werden, müssen die in den Eckpunkten genannten Voraussetzungen erfüllen.

II. DIE VORAUSSETZUNGEN IM EINZELNEN

  1. KAPITALBETEILIGUNG ALS „LETZTER AUSWEG“
    Die Mitgliedstaaten sollen sich nur dann an Unternehmen beteiligen, wenn dies erforderlich ist, um das Unternehmen vor Insolvenz oder erheblichen wirtschaftlichen Schwierigkeiten zu bewahren und es keine anderen, gleichwirksamen Möglichkeiten gibt. Die Kapitalbeteiligung muss im „öffentlichen Interesse“ sein – zum Beispiel, weil anderenfalls die Gefahr sozialer Notlagen, erheblicher Arbeitsplatzverluste oder der Marktaustritt von für die Versorgungssicherheit wesentlichen Unternehmen bestünde.
  2. ANGEMESSENE GEGENLEISTUNG
    Der Mitgliedstaat erhält für seine Kapitalbeteiligung eine angemessene Gegenleistung (in der Regel Anteile an dem begünstigten Unternehmen). Um die konkrete Höhe der Gegenleistung zu ermitteln, ist der durchschnittlichen Preis der Aktien bzw. Anteile des begünstigten Unternehmens während der der Beteiligung vorangehenden 15 Tage zugrunde zu legen. Darüber hinaus steigt der Anteil des Mitgliedstaates automatisch um mindestens 10%, wenn der Mitgliedstaat nach vier Jahren nicht mindestens 40% des staatlichen Anteils veräußert hat. Der Anteil steigt um weitere 10%, wenn der Mitgliedstaat nach sechs Jahren nicht sämtliche Anteile veräußert hat. Das begünstigte Unternehmen soll dadurch einen Anreiz bekommen, die staatlichen Anteile möglichst schnell zurückzukaufen.
  3. KEINE DIVIDENDEN
    Solange der Mitgliedstaat beteiligt ist, darf das begünstigte Unternehmen außer an den Mitgliedstaat keine Dividenden ausschütten oder (nichtstaatliche) Aktien bzw. Anteile zurückkaufen.
  4. M&A-AKTIVITÄTEN STARK EINGESCHRÄNKT
    Solange der Mitgliedstaat nicht mindestens 75% seiner ursprünglich erworbenen Anteile veräußert hat, darf das begünstigte Unternehmen keine Anteile in Höhe von 10% oder mehr an Wettbewerbern, Lieferanten oder Kunden erwerben. Die Europäische Kommission kann auf Antrag eine Ausnahmegenehmigung erteilen.
  5. VERGÜTUNG DER GESCHÄFTSFÜHRUNG GEDECKELT
    Die Vergütung der Geschäftsführung darf, solange der Mitgliedstaat nicht mindestens 75% seiner Anteile veräußert hat, die Fixkomponente der am 31. Dezember 2019 geltenden Vergütung nicht übersteigen. Boni und andere variable Vergütungskomponenten dürfen nicht gezahlt werden.
  6. EXIT-STRATEGIE UND UMSTRUKTURIERUNGSPLAN
    Begünstigte Unternehmen, bei denen die staatliche Kapitalbeteiligung 25% oder mehr des Eigenkapitals ausmacht, müssen binnen zwölf Monaten eine mit dem Mitgliedstaat abgestimmte „Exit-Strategie“ erarbeiten.Sofern der Mitgliedstaat nach sechs (bei an der Börse notierten Unternehmen) bzw. sieben Jahren noch 15% oder mehr des Eigenkapitals an dem begünstigten Unternehmen hält, muss der Mitgliedstaat der Europäischen Kommission einen Umstrukturierungsplan vorlegen. In dem Umstrukturierungsplan muss der Mitgliedstaat erläutern, wie die Beteiligung des Mitgliedstaates ohne nachteilige Auswirkungen auf den Wettbewerb auf null reduziert werden kann. Der Umstrukturierungsplan muss von der Europäischen Kommission genehmigt werden.
  7. ÖFFENTLICHE BERICHTSPFLICHTEN
    Das begünstigte Unternehmen muss alle zwölf Monate einen Bericht darüber veröffentlichten, wie das vom Mitgliedstaat gewährte Kapital eingesetzt wurde, und inwieweit das begünstigte Unternehmen dazu zum ökologischen und digitalen Wandel beiträgt.
  8. ECKPUNKTE GELTEN NICHT BEI „PARI-PASSU“-TRANSAKTIONEN
    Sofern sich ein Mitgliedstaat an einem Unternehmen zu „Marktbedingungen“ beteiligt (d.h. zu dem Preis und zu den Bedingungen, die auch ein privater Investor trotz COVID-19-Krise akzeptieren würde), liegt keine staatliche Beihilfe vor. Denkbar ist dies zum Beispiel dann, wenn ein Mitgliedstaat eine (feindliche) Übernahme durch einen außereuropäischen Investor verhindern möchte. Die Eckpunkte sowie die dort festgelegten Voraussetzungen gelten dann nicht.

III. VERFAHREN

Die Mitgliedstaaten können Rahmenregelungen bei der Europäischen Kommission anmelden. Die Europäische Kommission prüft diese und genehmigt sie, soweit die Eckpunkte berücksichtigt sind. Die Mitgliedstaaten können sich dann auf Grundlage der genehmigten Beihilferegelung an Unternehmen beteiligen, ohne dass die konkrete Kapitalbeteiligung erneut der Europäischen Kommission vorgelegt werden muss.

Etwas anderes gilt für Kapitalbeteiligungen in Höhe von € 250 Millionen oder mehr. Diese müssen, selbst wenn sie auf Grundlage einer genehmigten Beihilferegelung erfolgen, individuell bei der Europäischen Kommission angemeldet und von dieser genehmigt werden.

IV. UMSETZUNG IN DEUTSCHLAND

Deutschland wird die Eckpunkte durch Rechtsverordnungen umsetzen. So sehen sowohl dasWirtschaftsstabilisierungsfondsgesetzes („WStFG“) als auch das BayernFonds- und Finanzagentur-Gesetz („BayFoG“) vor, dass die Voraussetzungen der Gewährung von Unterstützungsmaßnahmen durch Rechtsverordnungen geregelt werden. Deutschland wird die entsprechenden Rechtsverordnungen zusammen mit den jeweiligen Gesetzen bei der Europäischen Kommission anmelden. Sobald die Europäische Kommission jeweils Gesetz und Verordnung genehmigt hat, können der WSF sowie der BayernFonds staatliche Unterstützungsmaßnahmen gewähren.

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