EuGH: Befristete Vertretungen in der Schule nicht unbegrenzt möglich

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Es entspricht in Deutschland üblicher Praxis, dass im Schulbereich zur Vertretung kranker Lehrkräfte oder solcher, die sich in Mutterschutz oder Elternzeit befinden, befristete Arbeitsverträge abgeschlossen werden. Diese Möglichkeit bleibt auch weiterhin grundsätzlich zulässig. Nun hat der EuGH aber entschieden, dass solche Befristungen von den Mitgliedsstaaten nicht dafür benutzt werden können, um einen ständigen und dauerhaften Arbeitskräftebedarf an staatlichen Schulen zu decken (EuGH, Urteil vom 26. November 2014, C-22/13 u.a.). Zudem müsse die entsprechende staatliche Regelung Maßnahmen zur Vermeidung und Ahndung einer missbräuchlichen Verwendung von befristeten Verträgen enthalten.

Die Kläger waren in italienischen öffentlichen Schulen auf der Grundlage aufeinanderfolgender befristeter Arbeitsverträge als Lehrer tätig. Die Dauer ihrer Beschäftigung war verschieden, betrug aber jedenfalls mindestens 45 Monate in fünf Jahren. Die italienischen Rechtsvorschriften sehen unter anderem vor, dass frei werdende Stellen “bis zum Abschluss von Auswahlverfahren” durch Jahresvertretungen besetzt werden können. Von 1999 bis 2011 fanden allerdings keine Auswahlverfahren statt. Wer eine Vertretung wahrnimmt, kann nach Maßgabe verfügbarer Stellen und seines Vorrückens auf einer Rangliste eine Planstelle erhalten. Die Kläger hielten die Befristungen ihrer Verträge für unzulässig und klagten unter anderem auf Entfristung ihrer Arbeitsverhältnisse, auf die Zuweisung von Planstellen und auf Zahlung der Gehälter für die Zeiträume der Unterbrechungen zwischen ihren Verträgen. Die hiermit befassten italienischen Gerichte legten dem EuGH die Frage zur Vorabentscheidung vor, ob die italienischen Rechtsvorschriften mit dem Unionsrecht vereinbar sind. Dies verneint der EuGH in seiner Entscheidung vom 26. November 2014.

In seinen Entscheidungsgründen stellt der Gerichtshof zunächst fest, dass die EU-Rahmenvereinbarung über befristete Arbeitsverträge auf alle Arbeitnehmer anwendbar ist, ohne Unterscheidung danach, ob sie einen öffentlichen oder einen privaten Arbeitgeber haben, und unabhängig von der betroffenen Branche. Die italienische Regelung verstoße insoweit gegen diese Rahmenvereinbarung. Denn der italienische Staat habe keine angemessenen Maßnahmen vorgesehen, um den missbräuchlichen Rückgriff auf aufeinanderfolgende befristete Arbeitsverträge gebührend zu ahnden. Die Rahmenvereinbarung verpflichte die Mitgliedsstaaten zudem, eine der drei folgenden Maßnahmen zu ergreifen:

• Festlegung sachlicher Gründe, die die Verlängerung befristeter Verträge rechtfertigen,
• Festlegung einer Obergrenze für die insgesamt maximal zulässige Dauer von Kettenbefristungen oder
• Festlegung einer maximal zulässigen Zahl von Verlängerungen.

Da die italienische Regelung keine solche Maßnahme enthält und die Verlängerung befristeter Verträge für Lehrkräfte ausnahmslos zulässt, ohne einen genauen Zeitplan für den Abschluss des Auswahlverfahren anzugeben oder transparente Kriterien für eine Prüfung vorzusehen, ob die Verlängerungen sachlich gerechtfertigt sind und zudem jeder Schadensersatz ausgeschlossen ist, liegt ein Verstoß gegen EU-Recht vor.

 

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