LAG Düsseldorf: Tarifvertrag verdrängt Unkündbarkeitsregelung in Betriebsvereinbarung

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Das Landesarbeitsgericht (LAG) Düsseldorf hat sich in einem jetzt veröffentlichten Urteil vom 30.10.2013 – 7 TaBV 56/13 - mit einer Unkündbarkeitsregelung in einer Betriebsvereinbarung befasst. Interessant war dabei die für den Sachverhalt entscheidende Frage, ob die für den Arbeitnehmer günstigere Kündigungsregelung einer Betriebsvereinbarung der Regelung in einem Manteltarifvertrag vorgeht, an den der Arbeitgeber auch gebunden war. Die beiden Kollektivvereinbarungen hatten vereinfacht folgenden Inhalt:

Betriebsvereinbarung von 1969:

Mitarbeiter können nur aus einem in ihrer Person liegenden wichtigen Grund (personen- oder verhaltensbedingte Kündigung) gekündigt werden.

Manteltarifvertrag (hier für das private Bankgewerbe):

1954: Für Arbeitnehmer günstigere Regelungen in Betriebsvereinbarungen bleiben bestehen

1975: Kündigung möglich bei mindestens 55-jährigen Mitarbeitern nur bei Vorliegen eines wichtigen Grundes und bei Betriebsänderungen im Sinne von § 111 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG).

Die Betriebsvereinbarung ist also insoweit günstiger als die Regelungen des Tarifvertrages, da sie nur personenbedingte Kündigungen aus wichtigem Grund zulässt und keine Ausnahme für Betriebsänderungen vorsieht. Bei zwei solch widerstreitenden Kollektivvereinbarungen regelt § 77 Abs. 3 BetrVG den Vorrang: Nach dieser Vorschrift können Arbeitsentgelte und sonstige Arbeitsbedingungen – wie beispielsweise vorliegend Kündigungen – nicht wirksam Gegenstand von Betriebsvereinbarungen sein, wenn sie durch einen Tarifvertrag geregelt sind oder üblicherweise werden. Anderes gilt nur dann, wenn der Tarifvertrag den Abschluss ergänzender Betriebsvereinbarungen ausdrücklich zulässt (sog. Öffnungsklausel), was hier aber nicht der Fall war.

Wichtig ist: “Geregelt durch Tarifvertrag” meint, dass der konkrete Gegenstand geregelt wird. Entgegen der Auffassung der Klägerin war das LAG Düsselorf der Ansicht, dass durch den Manteltarifvertrag hier auch konkret der Schutz vor betriebsbedingter Kündigung geregelt wird, auch wenn dort ausdrücklich nur die Ausnahmemöglichkeit bei Betriebsänderungen formuliert wird. Damit existiere zum gleichen Regelungsgegenstand ein einschlägiger Tarifvertrag, der den durch die Betriebsvereinbarung eingeräumten besonderen Kündigungsschutz verdrängt.

Das Urteil des LAG Düsseldorf ist insgesamt ein weiteres Beispiel für die oftmals schwierige, weil hoher Detaildifferenzierung ausgesetzten Bewertung, ob tatsächlich ein konkreter Gegenstand durch einen Tarifvertrag geregelt wird oder nicht – in der Praxis immer wieder eine Herausforderung.

 

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