Neufassung der AIFM- und UCITS- Richtlinien

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Die überarbeiteten Fassungen der AIFM- und der UCITS-Richtlinie stehen fest und sollen Mitte 2024 in Kraft treten. Die Mitgliedstaaten haben dann zwei Jahre Zeit zur Umsetzung. Änderungen sind insbesondere bei den Themen Auslagerung, Darlehensfonds und Liquditätsmanagement geplant. Dieser Beitrag fasst die wesentlichen Neuerungen zusammen und gibt einen Überblick über das weitere Verfahren.

WEITERE INFORMATIONEN

1. Verfahrensstand

Seit November 2023 liegen endgültige Texte für die Neufassung der beiden Richtlinien vor, die für europäische Investmentfonds bzw. deren Verwalter maßgeblich sind: AIFM und UCITS. Vorausgegangen waren zwei Jahre währende Abstimmungen zwischen EU-Kommission, Europäischem Parlament und Vertretern der Mitgliedstaaten. Mit der offiziellen Verkündung der geänderten Richtlinien im EU-Amtsblatt wird im zweiten Quartal 2024 gerechnet. Sie treten 20 Tage nach Verkündung in Kraft und müssen anschließend von den Mitgliedstaaten binnen zwei Jahren in nationales Recht umgesetzt werden, also voraussichtlich bis Mitte 2026. Für Neuregelungen betreffend die Berichterstattung an die Aufsichtsbehörden gilt eine verlängerte Umsetzungsfrist von drei Jahren.

Die neu gefassten Richtlinien sollen durch eine Vielzahl von Durchführungsverordnungen und Leitlinien der europäischen Wertpapieraufsichtsbehörde ESMA ergänzt werden. Je nach Thema hat ESMA ab Inkrafttreten der Richtlinien zwischen 12 und 36 Monaten Zeit, um die entsprechenden Entwürfe zu erstellen. Ein vollständiges Bild der neuen EU-Fondsregularien wird sich erst ergeben, wenn auch diese Durchführungsmaßnahmen vorliegen.

Im Folgenden skizzieren wir die aus unserer Sicht wesentlichen Änderungen für AIF und OGAW.

2. Erlaubte Tätigkeiten

AIFM- und OGAW-Verwaltungsgesellschaften dürfen künftig Benchmarks im Sinne der Benchmarkverordnung administrieren. Das heißt, sie dürfen (eigene) Indizes entwickeln und pflegen sowie über deren Verwendung bestimmen. Voraussetzung ist, dass sie entsprechende Benchmarks nicht bei der Verwaltung ihrer eigenen Fonds einsetzen, z.B durch eine Bezugnahme im Rahmen der Anlagestrategie.

Der Katalog der erlaubten Tätigkeiten eines AIFM wurde zudem um die Vergabe von Krediten (dazu sogleich unter Ziff. 4.) und um die Betreuung von Verbriefungs-Zweckgesellschaften erweitert.

3. Auslagerung

Im Rahmen des regelmäßigen Reportings an die nationalen Aufsichtsbehörden sind künftig umfangreiche Angaben zu Auslagerungen des Portfoliomanagements und des Risikomanagements erforderlich. Dies ist Teil einer generellen Überarbeitung des aufsichtlichen Meldewesens für AIF und OGAW. Die derzeitigen deutschen Vorgaben zur Anzeige von Auslagerungen müssen daher überarbeitet und angepasst werden.

Zeitweilige Forderungen nach einer gesetzlichen Definition von „White Label Funds“ (der Begriff tauchte in Richtlinienentwürfen auf, seine Bedeutung blieb aber unklar) und besonderen Vorgaben hierfür haben sich nicht durchgesetzt. Die finalen Richtlinientexte sehen lediglich vor, dass beim aus unserer Sicht klassischen Service-KVG-Modell (Fondsauflage auf Betreiben eines Dritten, der als Auslagerungspartner angebunden und/ oder dessen Name verwendet wird) besonderes Augenmerk auf die Vermeidung von Interessenkonflikten gelegt werden muss. Die diesbzgl. Dokumentationspflichten werden sich erhöhen.

Erfreulicherweise enthalten beide Richtlinien eine Klarstellung, wonach der Anteilvertrieb durch Dritte im eigenen Namen keine Auslagerung darstellt. Dies entspricht der bestehenden BaFin-Praxis, die auf europäischer Ebene bislang umstritten war.

4. Darlehensfonds und Gesellschafterdarlehen

Die originäre Kreditvergabe wird in Anhang I zur AIFM-Richtlinie zukünftig als eine weitere Tätigkeit aufgeführt, die ein AIFM (neben Portfolioverwaltung und Risikomanagement) für einen AIF ausführen kann, aber nicht muss. Sie wird derart definiert, dass Kredite nicht nur direkt durch den AIF oder AIFM vergeben werden dürfen, sondern auch über Zweckgesellschaften oder Dritte, wenn der AIF/ AIFM die Struktur und Bedingungen des Kredits bestimmt. Neben allgemeinen Regelungen für jeden AIF/ AIFM, der in mehr oder weniger großem Umfang Kredite vergibt, sind auch besondere Vorgaben für „kreditvergebende AIF“ vorgesehen. Diese sind definiert als Fonds, deren hauptsächliche Anlagestrategie aus Kreditvergabe besteht, und/ oder bei denen die vergebenen Kredite mind. 50% des Nettofondsvermögens ausmachen. Kreditvergebende AIF sollen im Regelfall geschlossen sein. Ausnahmen sind mit Zustimmung der Aufsichtsbehörde möglich. Ihr Leverage darf bei geschlossener Konstruktion 300%, berechnet nach der Commitment-Methode nicht übersteigen, bei offener Konstruktion 175%. Sie dürfen Kredite nicht mit dem Ziel ausgeben, die Darlehensforderungen anschließend zu veräußern. Für alle AIF/ AIFM gilt, dass bei Darlehensforderungen im Portfolio geeignete Risikomanagement- und Bewertungsverfahren vorhanden sein müssen, sowie eine angemessene Verwaltungs- und Überwachungsstruktur. Kreditvergaben an den AIFM, die Verwahrstelle und Auslagerungspartner sowie deren Mitarbeiter sind verboten.

Auf Gesellschafterdarlehen, die Immobilienfonds oder Private Equity-Fonds an Zweckgesellschaften vergeben, dürften die eben dargestellten Vorgaben regelmäßig keine Anwendung finden. Denn es gilt eine Ausnahme, sofern der AIF mit mind. 5% an der darlehensnehmenden Gesellschaft beteiligt ist, das Darlehen nicht ohne die Beteiligung weiterveräußert werden kann und Gesellschafterdarlehen insgesamt nicht mehr als 150% des Kapitals des Fonds ausmachen. Zu beachten ist, dass das Kapital des Fonds hierbei nach der für deutsche geschlossene Fonds geltenden Logik berechnet wird, also als die Summe aller eingezahlten und noch offenen Zeichnungszusagen.

Die derzeitigen deutschen Regelungen zur Kreditvergabe durch Fonds, insbesondere §§ 20 Abs. 9 und 9a, 285 Abs. 2 und 3 KAGB sowie Ziff. 5 der KaMaRisk, müssen im Rahmen der Richtlinienumsetzung überarbeitet werden.

5. Liquiditätsmanagement

AIFM- und UCITS-Richtlinie werden jeweils um einen neuen Anhang mit einer Liste von Liquiditätsteuerungsinstrumenten für Fonds ergänzt. Genannt sind in beiden Anhängen gleichermaßen

  1. Rücknahme- und Ausgabeaussetzung,
  2. „Gating“, eine Rücknahme von Anteilen nur in Raten und mit Verzögerung,
  3. Kündigungsfristen,
  4. Rücknahmeabschläge,
  5. „Swing Pricing“, eine Anpassung des Anteilwertes bei hohen Netto-Ausgaben oder Netto-Rücknahmen mit dem Ziel, denjenigen Anlegern zusätzliche Transaktionskosten aufzubürden, die die Mittelbewegungen verursachen,
  6. „Dual Pricing“, eine dem Swing Pricing ähnliche Methode, bei der jedoch nur der Anteilpreis für Ausgaben oder für Rückgaben angepasst wird,
  7. „Anti-dilution levy“, eine dem Swing Pricing ähnliche Methode, bei der statt dem Anteilwert die Ausgabeauf- oder Rücknahmeabschläge angepasst werden,
  8. Sachauskehrung und
  9. „Side pockets“, d.h. die Teilung des Fonds in einen liquiden „Hauptfonds“ und einen iliquiden „Seitenfonds“, wobei für letzteren Rückgaben nicht, oder nur sehr begrenzt möglich sind.

Für jeden AIF und OGAW (mit Ausnahme von Geldmarktfonds) müssen aus den Nrn. 2 bis 8 mindestens zwei Maßnahmen in den Fondsdokumenten vorgesehen werden. Die Nr. 1 und 9 dürfen zusätzlich genutzt werden, müssen aber nicht. Die aktuellen deutschen Regelungen für Immobilien-Sondervermögen mit Mindesthalte- und Kündigungsfristen sowie der Möglichkeit zur Rücknahmeaussetzung wären demnach nicht mehr ausreichend. Es müsste eine weitere Maßnahme aus den Nr. 2 bis 8 hinzukommen, wie etwa Rücknahmeabschläge.

Side Pockets sollen nur ausnahmsweise zum Einsatz kommen. Eine Sachauskehr darf nur an professionelle Anleger stattfinden.

6. Fazit

Die neu gefassten Fondsrichtlinien bringen neben erweiterten Geschäftsmöglichkeiten und lange erwarteten Klarstellungen auch zusätzliche Berichts- und Organisationspflichten. Alles in allem stellt sich das Regulierungspaket jedoch branchenfreundlich dar. Es bleibt zu hoffen, dass die zahlreichen, von der ESMA noch zu liefernden Durchführungsregeln den positiven Gesamteindruck nicht schmälern. Wir werden auch diese „Level 2“- Maßnahmen für Sie auswerten, sobald sie vorliegen. Gerne unterstützen wir bei der Vorbereitung auf die kommenden Neuerungen – sprechen Sie uns an!

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DISCLAIMER: Because of the generality of this update, the information provided herein may not be applicable in all situations and should not be acted upon without specific legal advice based on particular situations.

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