REAL ESTATE UPDATE: Indexklauseln in Gewerbe- und Wohnraummietverträgen: FAQ für Vermieter und Mieter

McDermott Will & Emery

Eine Indexklausel, auch bekannt als Wertsicherungsklausel, findet sich in vielen gewerblichen Mietverträgen. Mit einer Indexklausel sollen inflations- und deflationsbedingte Wertveränderungen sowohl zugunsten als auch zulasten des Vermieters und des Mieters ausgeglichen werden. Über viele Jahre führten Wertsicherungsklauseln nur zu einer geringen Veränderung der Miete. So stieg der Verbraucherpreisindex für Deutschland (VPI) im Zeitraum zwischen Oktober 2015 und September 2021 lediglich um ca. 1,48 % p.a. an. Seit Oktober 2021 hat sich das Bild erheblich verändert: Steigerungen des VPI um ca. 9,5 % p.a. in der Zeit zwischen Oktober 2021 bis Oktober 2022 haben vielfach Mietanpassungen in derselben Höhe zur Folge.

Das Thema der Indexierung ist damit so bedeutsam wie seit langem nicht mehr.

In unseren FAQ gehen wir auf einige wesentliche Fragen von Indexklauseln im Gewerbe- und Wohnraummietrecht ein und beleuchten, ob die aktuell sehr hohen Inflationsraten einen Anspruch des Mieters auf Anpassung der Indexklausel vor dem Hintergrund des Rechtsinstituts der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) begründen können.

WEITERE INFORMATIONEN


1. Unter welchen Voraussetzungen können Indexklausen in Gewerberaummietverträgen wirksam vereinbart werden?

Die Wirksamkeit einer Indexklausel richtet sich im Gewerberaummietrecht nach dem sogenannten Preisklauselgesetz (Gesetz über das Verbot der Verwendung von Preisklauseln bei der Bestimmung von Geldschulden). Praktisch bedeutsam sind vor allem die so genannten „echten Gleitklausen“, bei denen eine Veränderung des Indexes automatisch zu einer Änderung der Miete führt. Diese sind nur dann zulässig, wenn die folgenden (kumulativen) Voraussetzungen erfüllt sind:

  • Die Mietänderung wird durch die Änderung eines vom Statistischem Bundesamt oder einem Statistischem Landesamt ermittelten Preisindex für die Gesamtlebenshaltung oder eines vom Statistischen Amt der Europäischen Gemeinschaft ermittelten Verbraucherpreisindex bestimmt.
  • Der Vermieter verzichtet für die Dauer von mindestens zehn Jahren auf das Recht zur ordentlichen Kündigung oder der Mietvertrag wurde auf mindestens zehn Jahre abgeschlossen oder der Mieter hat das Recht, die Vertragsdauer auf mindestens zehn Jahre zu verlängern.
  • Die Indexklausel ist hinreichend bestimmt und weder Mieter noch Vermieter werden durch sie unangemessen benachteiligt (z.B. durch ein sog. „upwards only“, d.h. nur Erhöhung der Miete und keine Verringerung im Falle der Deflation).

2. Welche Rechtsfolge hat ein Verstoß gegen das Preisklauselgesetz?

Die Nichteinhaltung der oben genannten Voraussetzungen führt nicht automatisch zur Unwirksamkeit und Unanwendbarkeit der Indexklausel. Sofern nicht anderweitig vereinbart, ist eine Indexklausel erst ab dem Zeitpunkt des rechtskräftig festgestellten Verstoßes gegen das Preisklauselgesetz unwirksam und bis zu diesem Zeitpunkt anzuwenden. Die Unwirksamkeit erstreckt sich dann nur auf zukünftige Mietzahlungen und -anpassungen; bereits entrichtete Miete kann vom Mieter grundsätzlich nicht für die Vergangenheit wegen Verstoßes gegen das Preisklauselgesetz zurückgefordert werden.

3. Kann die Miete für nachträglich hinzugemietete Flächen ebenfalls indexiert werden?

Sofern die Parteien während der Festlaufzeit nachträglich die Erweiterung der Mietflächen vereinbaren, muss für die neu angemietete Fläche ab dem Zeitpunkt der Anmietung auch eine Mindestlaufzeit von zehn Jahren eingehalten werden, um die Voraussetzungen des Preisklauselgesetzes zu erfüllen. Etwas anders dürfte nur dann gelten, wenn die Konditionen für die Erweiterung denen für die ursprünglich angemieteten Flächen entsprechen oder für die hinzukommenden Flächen von Anfang an ein Optionsrecht des Mieters zu bereits feststehenden Konditionen vereinbart war.

4. Haben Schriftformverstöße einen Einfluss auf die Wirksamkeit einer Wertsicherungsklausel?

Ja. Die Nichteinhaltung der gesetzlichen Schriftform hat zur Folge, dass der eine Festlaufzeit vorsehende Mietvertrag jederzeit mit gesetzlicher Frist (für gewöhnlich ca. sechs Monate zum Ende des Kalenderquartals) kündbar ist. Damit lassen Schriftformverstöße die Festlaufzeit des Mietvertrages entfallen, die jedoch Voraussetzung für eine wirksame Indexklausel ist (vgl. Ziffer 1). Dies soll auch in Fällen gelten, in denen die Schriftform bei Vertragsschluss zunächst gewahrt wurde und erst nachträglich getroffene Abreden den Schriftformverstoß begründen.

5. Auf welchen Zeitpunkt kann in Bezug auf den Ausgangswert der Indexierung abgestellt werden?

Im Regelfall wird als Ausgangswert für die Indexierung der Indexstand bei Miet- oder Mietzahlungsbeginn herangezogen. Es sind jedoch auch andere Zeitpunkte als Startpunkt der Indexierung denkbar. Bei Mietverträgen über noch zu errichtende Gebäude (Projektentwicklungen) könnte etwa eine Anknüpfung an den Indexstand bei Vertragsabschluss unter Umständen denkbar sein, da zu diesem Zeitpunkt die Konditionen des unter Umständen erst deutlich später beginnenden Mietverhältnisses bereits festgelegt werden.

6. Ist eine Indexvereinbarung auch bei Wohnraummietverträgen möglich?

Ja, die Indexmiete ist im gesetzlichen Wohnraummietrecht ausdrücklich vorgesehen (§ 557b BGB). Voraussetzung ist eine schriftliche Vereinbarung der Parteien, dass (i) die Miete durch den vom Statistischen Bundesamt ermittelten Preisindex für die Lebenshaltung aller privaten Haushalte in Deutschland bestimmt wird, (ii) die Miete mindestens ein Jahr unverändert bleibt und (iii) die Mietänderung in Textform unter Angabe der Änderung des Preisindexes sowie der jeweiligen Miete oder der Erhöhung in einem Geldbetrag geltend gemacht wird. Es ist zu beachten, dass das Preisklauselgesetz auf Wohnraummietverträge keine Anwendung findet und damit beispielsweise auch eine Festlaufzeit von zehn Jahren keine Voraussetzung für die Zulässigkeit einer Indexierung im Wohnraummietrecht ist.

7. Können die aktuell sehr hohen Inflationsraten einen Anspruch des Mieters auf Anpassung der Indexklausel und damit des Mietvertrages vor dem Hintergrund des Rechtsinstituts der Störung der Geschäftsgrundlage (§ 313 BGB) begründen?

Grundsätzlich nein, da Indexklauseln in Mietverträgen gerade darauf abzielen eine inflations- und deflationsbedingte Veränderung auszugleichen. Etwas anderes kann dann gelten, wenn die Parteien nicht nur von üblichen Inflationsraten ausgegangen sind, sondern diese Erwartung auch zur Grundlage des Mietvertrages gemacht haben. Hiervon wird man aber in der Regel nicht ausgehen können.

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DISCLAIMER: Because of the generality of this update, the information provided herein may not be applicable in all situations and should not be acted upon without specific legal advice based on particular situations.

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