Das LAG Saarland mit seinem heute veröffentlichten Urteil vom 22. April 2015 – 2 Sa 103/14 – einer Arbeitnehmerin in Elternzeit einen Anspruch auf “freiwillig” gezahltes Weihnachts- und Urlaubsgeld in voller Höhe zugesprochen. Die arbeitsvertragliche Regelung sah unter anderem vor, dass Ruhens- und Fehlzeiten während des Kalenderjahres die Zahlung des Weihnachtsgeldes um 1/60 je Fehltag mindern sollten. Zudem wurde die Zahlung von Weihnachstgeld vom Bestehen des ungekündigten Arbeitsverhältnisses zu einem bestimmten Stichtag abhängig gemacht.
Damit war die Regelung gleich doppelt unwirksam:
Bereits für sich genommen geht die Klausel zur Kürzung bei Fehlzeiten über die Grenze des Zulässigen hinaus. Zwar können Entgeltleistungen (im engeren Sinne) für Zeiten, in denen keine Arbeitsleistung erbracht wird, grundsätzlich ratierlich gekürzt werden. Durch das Abstellen auf “Fehlzeiten” erfasste die dem LAG vorliegende Klausel jedoch auch die Zeiten des Mutterschutzes. Eine solche Kürzungsmöglichkeit, so das LAG, sei diskriminierend und daher unzulässig. Aufgrund des Verbots der geltungserhaltenden Reduktion könne die Klausel nicht auf ein zulässiges Maß reduziert werden und sei daher insgesamt nichtig.
Zudem stand der beabsichtigten Kürzung hier die gleichzeitig vereinbarte Stichtagsregelung entgegen. Diese belege, dass mit dem Weihnachtsgeld nicht nur bereits erbrachte Leistung abgegolten werden sollte, sondern weitere Zwecke in Bezug auf die Betriebstreue erfüllen sollte. Damit fehlte der “ausschließliche Entgeltcharakter”, dessen es für eine ratierliche Kürzung bedurft hätte.
Die Entscheidung, welche die neuere Rechtsprechung des BAG umsetzt, belegt erneut , wie schnell der Wunsch nach größtmöglicher Freiheit bei der Vergabe von Sonderzahlungen in eine vollständige Bindung führt. Nicht nur eine Kombination von Freiwilligkeits- und Widerrufsvorbehalt (vgl hierzu unseren Blogbeitrag zu Gefahren bei der Gestaltung von Arbeitsverträgen), sondern auch eine Kombination von Stichtagsklauseln und Kürzungsmöglichkeit für Zeiten der fehlenden Leistungserbringung führt zur Unwirksamkeit. Denn, – so fasst das LAG die BAG-Rechtsprechung treffend zusammen - ob die Möglichkeit besteht, wegen Fehlzeiten im Rahmen eines Arbeitsverhältnisses eine Kürzung vorzunehmen, entscheidet sich danach, ob die Sonderzahlung allein in der Vergangenheit bereits geleitete Dienste entlohnen will, oder aber, ob sie zusätzliche Zwecke verfolgt, wie etwa die Belohnung für bisher gezeigte Betriebstreue.